Verfahrensabschnitte eines Strafverfahrens

Ein Strafverfahren besteht im Wesentlichen aus drei Verfahrensabschnitten:

Dem Ermittlungsverfahren – hier wird ein Anfangsverdacht ausermittelt –, dem Eröffnungsverfahren – hier entscheidet das Gericht, ob es die von der Staatsanwaltschaft verfasste Anklage zur Hauptverhandlung zulässt – und dem Hauptverfahren – also der öffentlichen und mündlichen Hauptverhandlung, wie wir sie aus Filmen oder Gerichtssoaps kennen.

Das Ermittlungsverfahren

„Jemand musste Josef K verleumdet haben, denn ohne dass er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet.“

(Franz Kafka, „Der Process“)

Das Ermittlungsverfahren leitet im Wesentlichen die Staatsanwaltschaft als so genannte Herrin des Ermittlungsverfahrens. Unterstützt wird sie dabei von der Polizei, die im Strafverfolgungsbereich auch der Weisungsgewalt des Staatsanwalts unterliegt. Das Ermittlungsverfahren muss bei einem begründeten Anfangsverdacht eingeleitet werden, wie er etwa durch eine Strafanzeige begründet wird.
Die Einleitung der Ermittlungen wird dem Beschuldigten regelmäßig nicht bekannt gegeben, um den Ermittlungszweck nicht zu gefährden. Der Beschuldigte erfährt oft nur durch Durchsuchungsmaßnahme oder eine angekündigte Beschuldigtenvernehmung von dem gegen ihn laufenden Verfahren.

Ziel der Ermittler ist dabei oft die Überrumpelung der Zielperson und vor allem ein frühes Geständnis, denn das ist bekanntlich die „Königin der Beweismittel“ (das wurde schon im römischen Recht so gesehen: „Confessio est regina probationum“).
Wie man dieses Geständnis erreicht und ob dabei möglicher Weise Beschuldigtenrecht oder die Regeln des fairen Verfahrens mit Füßen getreten werden, ist den Ermittlern leider oft nicht so wichtig; es gilt die Maxime „Das Ergebnis zählt“.


Das Eröffnungsverfahren

Auch hiervon bekommt der Angeschuldigte meist nicht direkt etwas mit, das Verfahren beginnt nach Abschluss der Ermittlungen mit der Zuleitung derer Anklageschrift an das Hauptsachegericht. Dieses soll dann – im Idealfall – darüber befinden, ob hier das Hauptverfahren eröffnet werden muss. In der Praxis wird allerdings leider zu oft jede Anklage einfach durch das Gericht „abgenickt“, ohne dass die eigentlich gesetzlich vorgeschriebene genauere Prüfung erfolgt. Aufgabe der Verteidigung ist es hier, auf Unklarheiten in der Sachverhaltsdarstellung oder in der rechtlichen Würdigung frühzeitig hinzuweisen.
 

Das Hauptverfahren

...ist dem rechtlichen Laien in mehr oder weniger realistischer Form aus allen möglichen Filmen, Dokus und Soaps bekannt. Es wird wie gesagt eröffnet, wenn der Richter nach Eingang der Anklageschrift entscheidet, dass hinreichender Tatverdacht gegeben ist, also zumindest nach der vorliegenden Aktenlage eine Verurteilung als wahrscheinlich erscheint.

Das Hauptverfahren ist – außer bei bestimmten Delikten – in aller Regel öffentlich und muss in seinen wesentlichen Teilen auch mündlich durchgeführt werden.

 

 

Und der Strafverteidiger…?

Darf und sollte nach Möglichkeit so früh wie möglich aktiv werden, d.h., in allen Verfahrensabschnitten. Die beste Verteidigung gegen ein Strafverfahren ist dessen Vermeidung! Wichtige Kriterien sind:

  • schnelle Reaktion, v.a. in Haftsachen
  • fundierte Einlassungsberatung
  • Übernahme der Kommunikation mit den Ermittlungsbehörden
  • Erarbeitung einer möglichst früh ansetzenden Verteidigungsstrategie
  • Vorabeinschätzung der Sach- und Rechtslage, Information des Mandanten über wichtige Verfahrensschritte